Nachtrag zu Vera Lengsfelds Eintrag:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/wer_verrat_begeht_erschiesst_sich_die_stasi_auf_einer_konferenz_in_daenemar/

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Mit der Aufklärung begann auch das Zeitalter der modernen Wissenschaften, deshalb sind alle Aufklärer irgendwie auch Wissenschaftler – und ganz besonders natürlich die Mitglieder der Hauptverwaltung Aufklärung, der HVA, des Ministeriums für Staatssicherheit des deutschen Arbeiter- und Bauernstaates mit dem von der Sowjetunion verliehenen Gütesiegel „demokratisch“. Nun ist infolge des kapitalistisch-imperialistischen Umsturzes von 1989 die wissenschaftliche Exzellenzinitiative der Stasi bekanntlich jäh gestoppt worden, und da man den Stasi-Agenten auch noch ihre Akten und Archive weggenommen hat, können sie eigentlich gar keiner richtigen wissenschaftlichen Arbeit mehr nachgehen.

Was tun?, wie Lenin schrieb. Die PDS könnte eine Uni gründen und alle HVA-Spione zu Professoren machen; bloß fehlt es der Partei an Geld. Die DDR-Geheimdienstler könnten aber auch ihr akademisches Profil schärfen und an wissenschaftlichen Tagungen und Konferenzen teilnehmen oder sogar solche selbst veranstalten. Das war ja auch bereits geplant, und zwar passenderweise am 17. Juni, was irgendwelchen Betonköpfen bei der Birthler-Behörde zu mißfallen schien, weshalb die Sache wieder abgeblasen wurde.

Zum Glück jedoch ist der junge dänische Historiker Thomas Wegener Friis vom Zentrum für Studien des Kalten Krieges in Odense so beharrlich in der Verfolgung wissenschaftlicher Ambitionen und in der Gewährung wissenschaftlicher Freiheit. Er lud einen Haufen Stasi-Agenten in die süddänische Küstenstadt als Zeitzeugen zu einem Kolloquium ein, das die Geschichtsforschung entscheidend weitergebracht hat. Denn jetzt weiß man, daß die Tätigkeit hochrangiger DDR-Funktionäre vermutlich ideologisch geprägt war – eine bahnbrechende Erkenntnis, die auf der sensationellen Reue-Resistenz der meisten Beteiligten beruht.

In der Tat, die meisten Stasi-Offiziere platzten geradezu vor Stolz auf ihre Leistungen. Selten hatten sie ein so fügsames Forum, auf dem sie ungeniert Propaganda machen konnten. Wissenschaft ist eben wertfrei, und irgendwo gibt es für jeden Gangster einen Forscher, der sich behutsam, interessiert und liebevoll über ihn beugt.