112-Peterson: Verbittert sein ist die Hölle

Sicher tun Sie seit Ewigkeiten Dinge, die Sie nicht tun sollten und müssten, Dinge, von denen Sie genau wissen, dass sie dumm und falsch sind. Mein Tipp: Hören Sie einfach damit auf! Tun Sie sie schlicht und einfach nicht mehr. Vielleicht wollen Sie erstmal nur eine kleine Sache verändern. Aber auch das ist keine Kleinigkeit, denn damit tun Sie bereits einen Schritt in Richtung Fehlerquelle.

Sie können damit beginnen, einen Monat oder ein Jahr lang keine dummen und falschen Dinge mehr zu tun oder – vielleicht noch wichtiger – zu sagen. Machen Sie es als Experiment und beobachten Sie, was passiert. Menschen aus aller Welt schreiben mir, dass sie endlich ihr Haus geputzt oder nichts Schlechtes mehr gesagt haben und – Überraschung! Ihr ganzes Leben hatte sich verbessert. Wer hätte das gedacht? Die Früchte sind also leicht zu ernten. Das heißt auch: Wenn bei Ihnen Vieles im Argen liegt, ist es umso leichter, mit der Arbeit daran zu beginnen. Sie haben dann ein weites Feld, das Sie bearbeiten können.

In der biblischen Genesis (1. Moses 12) wird beschrieben:

„12,4: Da ging Abram, wie der HERR ihm gesagt hatte, und mit ihm ging auch Lot. Abram war fünfundsiebzig Jahre alt, als er von Haran auszog.“

Abraham ist also schon sehr alt, als er loszieht, und auch davon handelt die Geschichte. Seine Frau kann keine Kinder bekommen, er ist ein Nichts, offenbar hängt er nur in der Hütte seines Vaters rum. Mit 75 ist es längst an der Zeit, sich aufzumachen. Er hat also nicht viel erreicht, aber trotzdem entscheidet er sich, den Schritt nach vorne zu tun. 

Vierzig Jahre ist wie eine Weggabelung

Folgendes habe ich an vielen Menschen beobachtet: Wenn sie ihr Schicksal bis 30 noch nicht in die Hand genommen hatten, kamen sie ins Schleudern; wenn sie es bis 40 noch nicht in der Hand hatten, wurde es wirklich schwierig. Vierzig Jahre alt zu werden ist wie eine Weggabelung. Man trifft dort den Teufel, denn bei jeder Entscheidung winkt die Möglichkeit des Bösen. Ein Freund von mir beging kurz nach seinem vierzigsten Geburtstag Selbstmord. Er hatte ein Buch veröffentlicht in kleiner Auflage. Er war ein recht guter Autor, aber er schaffte es nicht, sein Leben in den Griff zu bekommen. Und im Alter von 40 Jahren verkraftete er das nicht mehr.

Ich sage nicht, dass es ab 40 hoffnungslos ist. Das ist keinesfalls meine Meinung! Nicht nur wegen der biblischen Verse, sondern auch wegen der Erfahrungen aus meiner klinischen Praxis. Dort begegnete ich Patienten dieses Alters mit chaotischen Lebensumständen, die ihr bisheriges Leben verschwendet hatten. Auch ältere Menschen können sich anstrengen und ihr Leben umkrempeln. Das ist besser, als darüber in Verbitterung zu verfallen, was man alles nicht erreicht hat. Denn die Verbitterung macht einen wirklich fertig. Sie ist das Gegenteil von Dankbarkeit, ein Ausdruck von Groll, und macht bösartig. Es ist äußert gefährlich, verbittert zu sein – es ist die Hölle.

Wer 40 geworden und immer noch erfolglos ist, sollte zunächst sein Los annehmen. Dann sollte er das anpacken, was direkt vor ihm liegt. Erfolge werden dann nicht lange auf sich warten lassen! Die Dinge können sich innerhalb von sechs Monaten um einiges verbessern, in zwei Jahren um noch viel mehr. Es ist ein harter Kampf. Aber ihn zu gewinnen, ist keinesfalls unmöglich.

Wo die Grenzen liegen, hängt vor allem vom eigenen Einsatz ab. Abraham ist das beste Beispiel dafür. Gott hat es ihm nicht leicht gemacht. Abraham war alt, seine Frau war alt und unfruchtbar. Wie soll so jemand erfolgreich, gar zum „Vater vieler Nationen“, werden? Abrahams Startbedingungen waren denkbar schlecht. Und das ist äußerst inspirierend. Denn es bedeutet: Man kann immer dort beginnen, wo man ist.

Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Vortrag „Biblical Series IX: The Call to Abraham“. Hier geht’s zum Original-Vortrag auf dem YouTube-Kanal von Jordan B. Peterson.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Martin Wessner / 27.06.2018

Man nennt das Gipfelplatau, dass man um die 40zig Jahre erreicht hat auch “Wechseljahre”. Egal wieviel Zeit man sich anschliessend beim Abstieg lässt, irgendwann wird man zwangsläufig immer im vor einem liegenden Tal ankommen müssen. Thats life, folks. Ps. Wie hatte eigentlich der “HERR” damalig mit Abraham komuniziert und könnte er nicht vielleicht auch mal bei Angela im Bundeskanzleramt anrufen, um ihr zu sagen, dass sie ausziehen soll, damit sie anschliessend ihr Leben ändert und keine dummen oder\und falschen Dinge mehr tut, oder -vielleicht noch wichtiger- sagt?

Gabriele Klein / 27.06.2018

@Kleinophorst   na, dann legen Sie mal los und entsorgen Sie den Atheismus, der ist nämlich auch eine Religion, mit sämtlichen Riten und (Jugend) Weihen….. Und, wie genauer aus dem Nichts das Etwas entsteht harrt nach wie vor der Exegese. Legen Sie los, ich bin gespannt…..... (aber bitte nicht mit dem “Urknall”, sollten ihnen die Worte je ausgehn….)

Christian Kohler / 27.06.2018

Es ist der innere Kompass den Prof. Peterson beschreibt. Um ihn zu finden sowie ihn einigermassen einzuhalten kann die Bibel ein Wegweiser sein. Die Richtung im Leben zu finden ist der halbe Weg um ein erfülltes Leben zu vollenden. Es ist nicht einfach, oft mühevoll aber man kann es erreichen.

Werner Arning / 27.06.2018

Mit 40 habe ich mein Leben komplett verändert. Es war ein Schritt, der mit ungeheuren Zweifeln, Ängsten verbunden war. Als ginge es um alles oder nichts. Der Sprung aus dem Nest, nicht wissend, ob das mit dem Fliegen klappen würde. Der Flug ging durch Stürme, Unwetter, der mächtige Wind drohte zeitweise die Überhand zu gewinnen. Ein Absturz stand mir vor Augen. Doch einmal die Unwetter und Wirbel hinter mir gelassen, kam ich in den Gleitflug. Es ging. Ich war flugtauglich. Hätte ich den Schritt seinerzeit nicht gewagt, wäre ich heute wahrscheinlich ein unglücklicher, möglicherweise verbitterter Mensch. Deshalb : Wenn sich die Chance bietet, sollte man springen. Und damit sie sich bietet, kann man beispielsweise darum bitten. Man muss die dafür notwendige innerliche Bereitschaft haben. Aber das ist wiederum ein anderes Thema.

Volker Kleinophorst / 27.06.2018

Ich kenne kaum eine Figur der “Weltliteratur”, die verbitterter und grausamer rüberkommt, als jener den Abraham “Der Herr” nennt. Auch da könnte man beginnen, wo man ist, und diesen albernen Quatsch namens Religion auf den Müllhaufen der Geschichte werfen. Nicht Eine. Alle.

Ulla Smielowski / 27.06.2018

Bei dem Beispiel Abraham werden viele sagen, ah, so steht es in der Bibel. Aber viele behaupten, vor allem Linke,  was dort steht sind Märchen..

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