Reinhard Schlieker, Gastautor / 13.01.2013 / 17:59 / 0 / Seite ausdrucken

In Davos offenbart sich die Einfalt der Eliten

Reinhard Schlieker

Eine durchaus weltweite Bedeutung kann man dem World Economic Forum (WEF) attestieren, das nicht nur durch seine Treffen wichtiger Manager, Politiker und Wissenschaftler jedes Jahr im verschneiten Davos bekannt geworden ist. Die Stiftung veranstaltet derartige Treffen übers Jahr verteilt rund um den Globus, erarbeitet Studien und initiiert Projekte, auch soziale: Man rühmt sich, in Sachen Alternativdenken und soziales Engagement auf jeden Fall vorn zu liegen, sicher aber noch vor dem ursprünglich aus Protest erfundenen Weltsozialgipfel, der in Porto Allegre/Brasilien versucht, etwas Aufmerksamkeit von Davos abzuziehen.

Das droht in unserer Angst geschüttelten Gesellschaft immer wieder sehr erfolgreich zu sein, weshalb sich das WEF frühzeitig mehrgleisig in den Abwehrkampf fahren ließ. Zum einen sind die Protestler von einst inzwischen Teilnehmer der Davoser Show: Von Greenpeace bis zu den organisierten Kampfveganern trifft man sich dort inzwischen eher kooperativ. Zum anderen richtete das Forum seinen Blick zunehmend auf die „weichen“ Themen, sinnierte über Hunger und Not und betonte immer wieder sein altes Motto: „Committed to Improving the State of the World“, was kurz gesagt so viel bedeutet wie: für das Gute und gegen das Schlechte. Das hat inzwischen dermaßen eingeschlagen, dass außer 14 namentlich bekannten Mitgliedern der Falun-Gong-Sekte samstags Ende Januar in Davos niemand mehr zur Demo kommt. Früher war da großes Hallo und der Anarchismus ante portas.

Konsequenterweise enthält der jährlich mit beachtlichem Aufwand und unter großen Kosten erstellte „Global Risks Report“ inzwischen auch nicht mehr in erster Linie harte Fakten, unbezweifelbare Bedrohungen der Menschheit oder abgewogene Urteile, nein, er betreibt die Nonsensitivierung der politischen Planung. Im diesjährigen Bericht, der auf Umfragen unter Managern und Wissenschaftlern sowie gewöhnlichen Experten beruht, droht Armageddon vor allem aus der gefühlten Bedrohungsecke. Der Klimawandel beutelt die Menschheit, sagen die hochgestellten Fachleute, und nehmen zum Beweis Hurrikan „Sandy“ her. Der hat spektakulär Schaden angerichtet, vor allem, weil New York viel hat, was kaputtgehen kann, und manches Teure, was schon fast kaputt ist und daher auch schnell zu Schaden kommt. Dass ansonsten 2012 nachweislich keinerlei Auffälligkeit bei Witterungsereignissen aufweist, ist den Koryphäen irgendwie durchgerutscht. Und sonst: Die Globaltemperatur stagniert seit 1998.

Das am UN-Klimarat maßgeblich beteiligte Londoner Met Office hat gerade seine Prognosen für die nächsten fünf Jahre zurückgenommen und erwartet nun keine Erwärmung mehr. Nach unserer bescheidenen Meinung weiß sowieso niemand, was in fünf Jahren ist, aber diese Kehrtwende der Ober-Klimawarner ist gleichwohl bemerkenswert (fast schade – aus Sicht der Biologie des Planeten hätte eine Erwärmung zahlreiche positive Folgen). Ach so, die weltweite Kluft zwischen Arm und Reich, das ist auch eine große Gefahr. Dass die sich auftut, ist aber Eigenart der Statistik: Da in den Schwellenländern immer mehr Leute Wohlstand erwerben, die Armen dabei leider weniger stark, die neuen Mittelschichten mehr, kommt diese plakative Aussage zustande: Die Flut hebt aber alle Boote. Und statistisch tut sich die Kluft weiter auf, obwohl alle wohlhabender werden.

Uns macht daher etwas ganz anderes allergrößte Sorgen. Nämlich die Tatsache, dass die Eliten der Welt offenbar nicht willens oder in der Lage sind, Risiken rational zu erkennen und zu bewerten und real existierende Bedrohungen von purem Geschwätz zu trennen. Das ist in der Tat ein nicht zu unterschätzendes Global Risk.

Zuerst erschienen auf Reinhard Schliekers Blog bei Börse am Sonntag

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