Fundstück / 24.12.2012 / 16:47 / 0 / Seite ausdrucken

Ein Grüner liest dem Schweizer Radio die Leviten

Wenn es um Israel, Palästina und den Nahen Osten geht, berichten auch die Schweizer Medien - mit einigen Ausnahmen - so objektiv wie der “Osservatore Romano” über Geburtenkontrolle und Zölibat. Allen voran das öffentlich-rechtliche DRS, Deutsches Radio der Schweiz. Jetzt hat ausgerechnet ein Bieler Stadtrat, Mitglied der Grünliberalen Partei und Realschullehrer dem DRS die Leviten gelesen. Sein Brief an die Nahostfachfrau des DRS, Irene Meier, erschien am 6.12. in der Basler Zeitung.

Ali sitzt am Strassenrand und weint
Von Alain Pichard

Liebe Irene Meier,

Am 24. Oktober fielen 80 Raketen auf Israel. Es war ein Mittwoch. Im Süden Israels fiel der Schulunterricht aus, fünf Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

Am Abend erwartete ich dann einen Bericht in der Sendung «Echo der Zeit» auf Radio DRS. Aber vom Raketenüberfall war nichts zu hören, das «Echo» berichtete über den Stellenabbau von Ford in Belgien.

Am 25. Oktober fielen wieder Raketen auf Israel. Das «Echo» brachte Beiträge über das Bienensterben und evangelikanische Fundis in den USA.

Am 28. Oktober wurde Israel wieder mit Raketen aus dem Gazastreifen beschossen. Und dieser Beschuss hielt dann vier Tage lang an. Den Bewohnern im Süden Israels wurde geraten, sich immer in der Nähe eines Schutzraums aufzuhalten.

Weder die Nachrichten noch das «Echo der Zeit» brachten etwas über die Angriffe, was auch verständlich ist, denn Sie, liebe Frau Meier, hatten Besseres zu tun. Am 1. November hielten Sie eine Laudatio in Bern anlässlich der Nakba-Ausstellung (über die Flucht und die Vertreibung der Palästinenser 1948).

Ihr eindringliches Schlusswort ist mir heute noch in bester Erinnerung: «Und die israelische Besatzung heute? Unsere Rechte wollen wir: Gerechtigkeit, keine Kompensation, keine Almosen!» Die 350 Menschen im Saal hörten Ihnen ergriffen zu. Aber derweilen gingen die Raketenattacken auf Israel weiter. Am 10. November folgte dann ein Höhepunkt. Innerhalb einer Stunde wurden über 30 Raketen auf Israel abgefeuert. Das wegen seines Qualitätsjournalismus gerühmte «Echo der Zeit» berichtete über einen Zwist in der tschechischen Kirche.

Dann, am 11. November, fallen noch einmal mehr als 100 Raketen auf ganz Israel. Am 12. November spricht eine israelische Schülerin in Ashkelon vor den versammelten Botschaftern der Welt über ihr Leben im Bombenhagel aus Gaza. Natürlich erfährt man im «Echo» darüber nichts, dieses Video muss man sich über «Spiegel»-Online besorgen.

Aber dann, liebe Frau Meier, Sie erinnern sich sicher, am 14. November ist Israel in aller Munde und auch wieder ein Thema für Sie, und für das «Echo», und zwar an erster Stelle! Der Grund? Die gezielte Tötung von Ahmed Jabari, Kommandant der Qassam-Brigaden, durch ein israelisches Kampfflugzeug.


Ihre Zitate aus dieser Sendung: «Israel setzt auf Eskalation», «Netanyahus Wahlmanöver», «…der Angriff kam völlig überraschend».

Die wochenlangen Raketenangriffe davor sind für Sie kein Thema.

Die regelmässigen Zuhörerinnen und Zuhörer der Radiosendung «Echo der Zeit», des «Prunkstücks der objektiven Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen Medien», haben das Wort «Israel» seit Monaten nicht mehr gehört. Und für diese Leute muss ein allfälliger Krieg, über den Sie am 14. November spekulieren, mit der Tötung von Jabari begonnen haben.

Nun, merkwürdigerweise ist ja jetzt ein Waffenstillstand beschlossen worden, obwohl die Wahlen in Israel ja noch bevorstehen. Ihr «Echo der Zeit» analysiert den Waffengang und kommt am 24. November zum Schluss: «Israel hat verloren, politisch und militärisch!»

Der Grund: Israel konnte die Hamas nicht besiegen und muss sich jetzt mit einem Raketenschutzschild behelfen, der 15 Prozent der Raketen durchlässt.

Mit anderen Worten: Es ist schon dumm, wenn Israel die mitten in Wohnquartieren aufgestellten Raketenstellungen nicht kurzerhand mit einem Bombenteppich belegt, sondern die Zivilbevölkerung weitestgehend schonen möchte. Vorbilder, wie man solche Probleme löst, hätten die Israelis doch in den arabisch regierten Ländern genug.

Kurz vor der Einstellung der Kampfhandlungen passierte im Gazastreifen noch etwas ganz Eigenartiges. Eigentlich ein Thema für Sie, liebe Frau Meier. Sechs Palästinenser wurden getötet. Kennen Sie ihre Namen? Schade, denn Sie nennen immer die Namen der Opfer, die Sie porträtieren. Aber diese sechs Palästinenser wurden ja nicht von den Israelis ermordet, sondern von der Hamas.

Es handelte sich um angebliche Kollaborateure. Selbstredend gab es keine Gerichtsverhandlung, und natürlich erfahren die «Echo»-Zuhörer auch darüber nichts. Diese Informationen muss man sich wieder über «Spiegel»-Online besorgen. Einer der sechs wurde zur Abschreckung mit einem Auto durch die Strassen von Gaza-Stadt geschleift.

Kaum vorstellbar, wenn Israel so einen scheusslichen Akt begangen hätte. Da hätten Sie, liebe Frau Meier, und Ihr «Echo» Palästinas wohl in den Äther gehaucht: «Ali sitzt am Strassenrand und weint.»

Siehe auch:
http://widerworte.wordpress.com/2012/12/06/linke-lugen-zur-islamischen-gewalt/

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