Gastautor / 10.12.2012 / 21:00 / 0 / Seite ausdrucken

Aufbauen und abbauen

Eran Yardeni

Zwei Mal hat Israel schon bewiesen, dass es Siedlungen nicht nur aufbauen, sondern auch abbauen kann. Das erste Mal am 21. April 1982, damals wurde als Folge des Friedensvertrages zwischen Israel und Ägypten die kleine Stadt Yamit im Nordosten der Sinai-Halbinsel niedergerissen. 23 Jahre später, im Rahmen des sogenannten „einseitigen Abkoppelungsplans“, baute Israel seine Siedlungen im Gazastreifen ab. Es stimmt natürlich, dass die Anzahl der Einwohner, die damals von dem politischen Kurswechsel betroffen waren, relativ klein war. In Yamit lebten 1982 nicht mehr als 3000 Siedler, im Gazastreifen ca. 8600. Im Westjordanland hingegen leben heute schon ca. 350000 Siedler und die Tendenz ist unübersehbar.

Es ist jetzt schon klar, dass das Abbauen der Siedlungen im Westjordanland gravierendere demografische und finanzielle Auswirkungen auf die israelische Gesellschaft und Wirtschaft haben wird, mit denen Israel noch keine Erfahrung gemacht hat. Genau darauf verlassen sich die Rechtsextremen in der israelischen Politik. Sie wollen Tatsachen schaffen, die man später nicht mehr rückgängig machen kann. Und das schaffen sie auch.

Ihnen zur Hilfe kommen paradoxerweise ausgerechnet die Palästinenser. Die Spaltung in dem palästinensischen politischen System, die Fortsetzung der Terrorpolitik und die Ablehnung der letzten beiden Friedensinitiativen von Barak und Olmert schwächten enorm die moralische Position der sogenannten Friedensstifter in Israel und derjenigen, die sich jemals bereit erklärten, mit Mahmud Abbas zu verhandeln um eine konstruktive Lösung zu finden. Der Zusammenbruch der politischen Linken in Israel ist mit dieser Entwicklung eng verbunden.

Abbas selbst, genau wie seine Partner in Europa, reagiert ziemlich hysterisch auf die Siedlungspolitik Israels. Anstatt weiter zu verhandeln, besteht er auf dem Baustopp der Siedlungen und zwar als Vorbedingung. Die Frage aber, wie viel Israel im Westjordanland baut, ist - sogar aus der palästinensischen Sicht - völlig unwichtig und belanglos. Wichtig ist nur die Frage, ob Israel sich bereit erklärt, diese Siedlungen im Rahmen eines Friedensvertrags auch abzubauen.

Warum Abbas diesen realpolitischen Kurs nicht nehmen will, ist nicht schwer zu verstehen. Die Siedlungspolitik Israels ist die beste Waffe der Palästinenser heute. Sie stärkt die Selbstdarstellung der Palästinenser als ewige Opfer des Nahost-Konflikts und schafft eine moralische Basis für die palästinensische Position in Europa. Dadurch kann Abbas die Verantwortung für sein eigenes Versagen der israelischen Regierung zuschieben. Warum aber diese den Schwarzen Peter aufnimmt,  ist leider genau so unklar.

Es scheint, dass die israelischen Siedlungen nicht mehr als politische Herausforderung verstanden werden, die man unter bestimmten Umständen auch bewältigen kann, wie schon zwei Mal bewiesen wurde, sondern eher als metaphysische Voraussetzung zum Verständnis des Konflikts im Nahen-Osten. Als ob der Konflikt erst dann begonnen hätte, als die ersten israelischen Siedlungen im Westjordanland oder im Gazastreifen errichtet wurden. 

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Gastautor / 26.03.2024 / 06:25 / 100

Das vergiftete Spenderblut der Geimpften

Von Jochen Ziegler. Die medizinische Katastrophe durch Covid-Impfungen wird immer beispielloser. Jetzt kommt heraus: Blutkonserven von Geimpften enthalten die gefährlichen Spike-Proteine. Einer kritischen Minderheit von…/ mehr

Gastautor / 18.03.2024 / 12:00 / 19

Pubertätsblocker-Verbot: Wer folgt dem Beispiel Englands?

Von Martin Voigt. In Großbritannien bekommen Kinder und Jugendliche, die sich als Transgender identifizieren, künftig keine Pubertätsblocker mehr. Das sollte auch die Debatte in Deutschland…/ mehr

Gastautor / 15.03.2024 / 16:00 / 23

​​​​​​​Islamisten im Westen arbeiten an weltweitem Kalifat

Von Sam Westrop. Wie ein Bündnis von Islamisten die Taliban in Afghanistan unterstützt und gleichzeitig auf einen globalen radikalislamischen Scharia-Staat hinarbeitet. Eine Achse von Islamisten…/ mehr

Gastautor / 09.03.2024 / 14:00 / 4

Propheten, Könige und Richter in Jerusalem

Von Peter Levin. Über das Gebäude des Obersten Gerichts in Jerusalem und die Hintergründe der Justizreform in Israel. In den letzten Jahren gab es intensive,…/ mehr

Gastautor / 07.03.2024 / 14:30 / 10

Steht ein neuer Völkermord an den Armeniern bevor?

Von Raymond Ibrahim. Nach dem Sieg Aserbaidschans in Berg-Karabach mithilfe der Türkei und der kompletten Vertreibung der Armenier ist jetzt augenscheinlich auch das armenische Kernland bedroht.…/ mehr

Gastautor / 05.03.2024 / 10:01 / 17

Frankreichs halbgarer Plan zur Bekämpfung des islamistischen Separatismus

Von Soeren Kern. Ein neues Verbot für von Ausländern ernannte Imame in Frankreich soll den islamistischen Separatismus bekämpfen. Diese Politik birgt jedoch die Gefahr, dass sich…/ mehr

Gastautor / 03.03.2024 / 20:00 / 0

Wer hat’s gesagt? (Auflösung)

Von Klaus Kadir. Unter dem Titel „Wer hat’s gesagt?“ konfrontieren wir Sie am Sonntagmorgen mit einem prägnanten Zitat – und Sie dürfen raten, von wem…/ mehr

Gastautor / 03.03.2024 / 09:00 / 8

Wer hat’s gesagt? „Der­zeit wird mRNA als Gen­the­ra­pie­pro­dukt ange­se­hen.“

Von Klaus Kadir. Unter dem Titel „Wer hat’s gesagt?“ konfrontieren wir Sie am Sonntagmorgen mit einem prägnanten Zitat – und Sie dürfen raten, von wem…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com