Murat Altuglu
Die Deutschen Qualitätsmedien berichten mal wieder über Israel. Diesmal geht es um E1, ein Paar Hügel östlich von Jerusalem. Dort sollen sich ein paar Tausend Juden ansiedeln. Big deal, würde man in den USA sagen. Aber in Deutschland, landauf, landab, die Medien kriegen sich nicht mehr ein. Aus der Zeit erfahre ich, die Juden, die tun das mit „Tricksereien.“ Bei der FAZ ist eine „bedenkliche Grenze“ überschritten. Die SZ indoktriniert, Pardon, informiert: „Ist der Ruf erst ruiniert, baut es sich ganz ungeniert.“ Und das deutsche Staatsfernsehen erklärt „im Klartext“ dem Zuschauer, dass „die Palästinenser für immer als Menschen zweiter Klasse in einem jüdischen Staat leben“ müssten. (Es ist dann wohl reine Ironie, dass insbesondere Menschen aus Afrika ihr Leben riskieren, um als Menschen dritter Klasse in Israel zu leben.) Es ist wichtig die Motivation dieser Journalisten zu hinterfragen und zu wissen, was diese Leute antreibt, auf solche Art und Weise über Israel zu berichten.
Beruflich (und aus eigenem Treiben heraus) beschäftige ich mich intensiv mit Menschenrechten und dem Handeln von Staaten. Ich habe daher einen guten Überblick sowohl über das, was so in aller Welt passiert, als auch wie darüber berichtet wird. West-Papua, Süd-Molukken, Sulawesi, Chittagong Hill Tracts, West-Sahara, Tibet, Xinjiang, usw. Alles Gebiete, in denen die Einheimischen vertrieben und verfolgt werden. Und zwar auf eine Art und Weise, die meistens der Definition eines Genozids auch entspricht. Jeder, der sich mit diesen Fällen beschäftigt (also kein deutscher Journalist), weis wie schwer, und oft unmöglich es ist an Informationen heranzukommen. Berichte sind mangelhaft, da die Menschen sich selbst überlassen sind.
Die allermeisten (wenn nicht alle) Deutschen, die sich mit Israel beschäftigen, einschließlich der Journalisten, die beflissentlich über Israel berichten, haben noch nie was von diesen Fällen gehört; haben keinerlei Ahnung, wo diese Leute überhaupt zu finden sind. Vor allem jedoch, sie haben keinerlei Interesse, erst recht keine Empathie für dieses Unrecht. Über die jüdischen Vergehen wird allabendlich seit Jahrzehnten berichtet. Die deutschen Wohnstuben sind mit Infos dazu saturiert. Ich wäre aber mehr als überrascht wenn die Tagesschau einmal berichten würde (50 Jahre Zeit hatten sie ja): „Die Juden bauen auf E1, and in other news, auf West-Papua (der Nachrichtensprecher eine ungenaue und weitschweifige Handbewegung über die Karte des West-Pazifik machend) sind anscheinend 100.000 Menschen hopsgegangen; irgendwie durch irgendwen.“
Gäbe es ein genuines Interesse an Menschenrechten, würde die Tagesschau tagtäglich ihre 15 Minuten mit Verfolgungen aus der weiten Welt füllen, und Israel käme überhaupt nicht mehr zur Sprache. Stattdessen findet die exklusive Dämonisierung Israels statt. Mit großer Präzision wird darüber berichtet, wo wie viele Wohneinheiten hingestellt werden. Fehlen nur noch Detailkenntnis darüber, ob die zionistischen Wohneinheiten über Fußbodenheizungen verfügen. Wichtig wäre auch zu berichten, ob die Wohnungen Wärmedämmung haben und in der Zone E-1 Juchtenkäfer verweilen. Da sich die anti-Israel Lobby mit dem Juchtenkäfer- und klimawandelinteressierten Milieu weitestgehend überschneidet, ist diese Forderung durchaus angebracht und nicht allein polemisch.
Es ist kein Geheimnis, dass sich linke Kreise (die u.a. die Medien dominieren) obsessiv mit Israel beschäftigen. Es ist nicht einfach, Hypothesen für diese linksdeutsche Obsession mit Israel zu finden und die oben gestellte Frage zu beantworten, was denn die Motivation für diese Israelversessenheit ist. Unabhängig davon ist jedoch festzustellen, dass insbesondere die deutsche Berichtserstattung von dieser Einseitigkeit betroffen ist. Die Medienlandschaft in englischsprachigen Ländern ist z. B. wesentlich diverser und dadurch ausgeglichener. Dies ist vorteilhaft für die Meinungsbildung der Bevölkerung.
In Deutschland, mit seinem medialen Meinungsmonopol, wurde erst vor einigen Monaten eine Umfrage erstaunt zur Kenntnis genommen, wie weit antisemitische Ressentiments in der Bevölkerung verbreitet sind, obwohl es ja nur noch wenige Juden in Deutschland gibt. In einer freiheitlichen Gesellschaft kommt den Medien eine besondere Verantwortung zu. In einer veröffentlichten Meinung, wo die besondere Verantwortung gegenüber den Juden so sehr kundgetan wird, wäre es angebracht, die Stimmungsmache gegen Israel wenigstens etwas weniger schrill vorzutragen.