Gisela Schütte
Wenn das feuchtkalte Schmuddelwetter im November die Seele strapaziert, sind die Tannenbäume heimelige Glanzlichter im Alltag. Schön beleuchtet und manchmal sogar geschmackvoll dekoriert. Besonders bei unseren nördlichen Nachbarn in Dänemark genießen die Symbole der friedlichen Weihnachtszeit besonderen Kultstatus, denn traditionell tanzt man rund um den Tannenbaum, der, wenn es denn der moderne Wohnungsbau hergibt, mitten im Wohnzimmer stehen sollte.
Tanz um den Baum in ganz Dänemark? Nein, in einer kleinen Kommune nahe der Hauptstadt Kopenhagen, in Kokkedal, gibt es Terz anstelle des Tanzes. Genau gesagt in der Siedlung Egedalsvaenge. Dort lebt nämlich eine muslimische Mehrheit, Menschen, deren Eltern und Großeltern in Dänemark eine neue Heimat gefunden haben und in dem freiheitsliebenden Land ihr Leben nach ihrem Gusto führen können. Diese lokale Mehrheit fühlt sich nun durch die bislang ortsüblichen Feiertagssitten beleidigt, will den traditionellen Tannenbaum im Quartier nicht dulden. Seit Wochen wurde erbittert gestritten.
Und weil die Leitung des verantwortlichen Wohnungsunternehmens keinen Streit zum Fest des Friedens möchte – im Vorstand haben Muslime die Mehrheit - soll in diesem Jahr ganz friedlich ohne den traditionellen Weihnachtsbaum im Quartier gefeiert werden. Wegen der unzumutbaren Symbolik für die Nicht-Christen. Eine unverdächtige Begründung ist dabei auch schon gefunden. Als Argument gegen das Baumidyll wurden Kosten angeführt; angeblich 7000 Kronen (gut 900 Euro) seien zu viel für die grüne Dekoration. Allerdings: Kurz zuvor hatte die Feier des muslimischen Opferfests das Zehnfache gekostet.
Und wie geht’s weiter? Dekorationen raus aus Geschäften? Berufsverbot für Weihnachtsmänner? Imbissschließung im Fastenmonat Ramadan? Und konsequenter Umbau aller Kreuzungen in Kreisverkehre wegen der unzumutbaren Symbolik?
Gisela Schütte ist Journalistin und Autorin für Tageszeitungen Magazine und http://www.good-stories.de