Gastautor / 29.11.2012 / 08:34 / 0 / Seite ausdrucken

Auf dem Weg zum Palästinenserstaat, oder auch nicht

Fillipp Piatov

Am 29.11.2012 werden die Palästinenser von der UN-Vollversammlung den Beobachterstatus erhalten. Das ist natürlich weder erstaunlich noch dumm – aus der Sicht Mahmud Abbas und der UN. Wem das schadet, liegt aber ebenfalls auf der Hand. Israel, den Palästinensern (Abbas und Co. ausgenommen) und all denen, die für eine Zwei-Staaten-Lösung kämpfen.

Denn was bewirkt die Aufwertung der Palästinensischen Autonomiebehörde zum Beobachter? Ist es womöglich eine Auszeichnung für besondere wirtschaftliche, diplomatische oder demokratische Errungenschaften? So, genug gelacht. Der Beobachterstatus ermöglicht den Palästinensern lediglich, sich beim Internationalen Strafgerichtshof über Israel zu beschweren.

Liebe Weltgemeinschaft, es ist genau das, was die Palästinenser brauchen: einen zusätzlichen Kummerkasten. Als wäre es nicht genug, dass die UN sich sowieso bei jeder Gelegenheit mit israelischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit befasst, ohne dass die Palästinenser auch noch in Den Haag herumtanzen. Der Menschenrechtsrat der UN ist sowieso prall gefüllt mit Abbas‘ besten Freunden: Pakistan, Saudi-Arabien, Jordanien, Russland, China, Libyen, Malaysia. Aber als wäre das nicht genug, dürfen die Palästinenser nun auch selbst die Menschenrechtsfahne hochhalten.

Zu diesem Punkt könnte man natürlich noch sagen, dass die Palästinenser seit 1993 nur zwei Mal gewählt haben, dass Fatah und Hamas sich gegenseitig von Häusern werfen und Kniescheiben brechen, wo es nur geht oder dass in Westbank-Schulen reinster Antisemitismus gelehrt wird.

Dies jedoch sind nicht die Themen, die den Weg in die Tagesschau finden. Und erst Recht interessiert sich niemand für die Kritik an der absolutistisch vertretenen Zwei-Staaten-Lösung. Nicht an der inhaltlichen Kritik, denn kaum jemand hätte etwas gegen einen selbstständigen und friedlichen Staat Palästina etwas einzuwenden. Wenn also konkrete Anstrengungen unternommen würden, die palästinensische Wirtschaft zu stärken und der Bevölkerung endlich den kapitalistischen Samen in die Köpfe zu pflanzen, so dass sie an Autos, Fernseher und Pauschalreisen denken, anstatt jahrzehntelang an die eigene Hilflosigkeit zu glauben, würde nicht einmal Israel protestieren. Denn neben den Palästinensern wäre Israel der Hauptprofiteur dieser Lösung.

Warum es jedoch nicht zu diesem friedlichen Staat kommen wird, erkläre ich gerne. Davor vergessen Sie aber bitte das Wort „Siedlungen“. Tun Sie so, als gäbe es keine oder keine mehr. Als hätte Israel sie abgerissen oder nie damit angefangen. Den palästinensischen Staat wird es nicht geben, weil Mahmud Abbas ihn weder braucht, noch will und die UN dabei auf seiner Seite hat.

Im Jahr 2008 bekamen die Palästinenser 1,8 Milliarden US-Dollar an „foreign aid“ überwiesen. In den Jahren davor und danach war es mal weniger, mal mehr. Diese Gelder kommen von EU, USA und diversen arabischen Staaten.  Von der UNRWA, dem „Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten“  fließen nochmal 500 Millionen an palästinensische „Flüchtlinge“. Nebenbei sind bei der UNRWA 28.800 Menschen beschäftigt, der Großteil davon Palästinenser.

Abbas wäre ein Vollidiot, ernsthaft für einen palästinensischen Staat zu streiten, solange die Definition von Begriffen wie „Flüchtling“ und „Palästinenser“ nicht grundlegend geändert wird. Waren es im Jahr 1950 noch etwa 900.000 Flüchtlinge, so sind es jetzt – 62 Jahre später – 4,6 Millionen, denen sich die unermüdliche UNRWA widmet. Insgesamt gibt es übrigens etwa 11 Millionen Palästinenser auf der Welt, von denen 2 Millionen in der Westbank, also dem potentiellen Gebiet des Palästinenser-Staates leben. Im Falle einer Staatsgründung müsste sich Abbas mit der eventuellen Rückkehr von 9 Millionen Palästinensern beschäftigen, davon einige Millionen arme, ungebildete und teils radikale Flüchtlinge.

Weiterhin wären keine israelischen Truppen mehr in Palästina stationiert, die sich intensiver um die Beseitigung islamistischer Terroristen kümmern, als Abbas es je könnte und die gut finanzierten, aber dennoch weitaus weniger professionellen palästinensischen Sicherheitskräfte unterstützen. Und hätte der sich der palästinensische Traum endlich erfüllt, wozu sollten USA und EU dann noch die Hilfszahlungen fortsetzen, wozu sollte die UNRWA weiter den ehemaligen Flüchtlingen helfen, wo sie doch nun eine Zuflucht hätten?

Abbas wäre also Putschversuchen der Hamas, finanzieller Not und einem gewaltigen Bevölkerungsandrang ausgesetzt. Das alles würde er als Präsident eines selbstständigen Staates wohl oder übel lösen müssen, um nicht nach wenigen Monaten öffentlich gehängt zu werden. Optimistische Zukunftspläne sehen anders aus.

Ähnlich sieht es in der UN aus. Nach der Erfüllung des langjährigen Ziels würde nicht nur bei all den Sitzungen gähnende Leere und Ratlosigkeit herrschen – der Hauptproblem auf dem Weg zum Weltfrieden wäre ja beseitigt – nein, man müsste auch die UNRWA dicht machen und so auf ein Budget von einer halben Milliarde Dollar verzichten, das angesichts der mickrigen Resultate augenscheinlich auch in andere Taschen floss, als die hart arbeitender Palästinenser.

Es wird also weitergehen wie bisher. Abbas wird auf ausländischem Geld sitzen, Israel wird ihm die Hamas vom Leib halten, die UNRWA wird die immer weiter steigende Anzahl von Flüchtlingen verwalten und deutsche Kolumnisten werden weiterhin von verpassten Chancen schwafeln.

Was sollte Abbas daran bitte stören?

Zuerst erschienen auf Filipp Piatovs Blog

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