Gastautor / 28.11.2012 / 13:51 / 0 / Seite ausdrucken

Volks(um)erziehung statt Nachrichten

Jürgen Braun

Als Freund der Werke George Orwells frage ich mich in den letzten Jahren häufiger, wann ein in „1984“ beschriebener Zustand auch in einem bisher freiheitlichen Staat eintritt und nicht nur in totalitären Regimen wie Nordkorea. Es fängt damit an, dass nicht nur Politiker eine Entscheidung für „alternativlos“ erklären, sondern die großen Massenmedien eine Alternative erst als abwegig darstellen, dann als lächerlich oder gefährlich und schließlich gar nicht mehr erwähnen. Das Darstellen oder wenigstens Erwähnen einer anderen Meinung, eine der Grundlagen des handwerklich sauberen Journalismus, gerne lateinisch mit „audiatur et altera pars“ benannt, wird einfach weggelassen. Das Verschweigen anderer Meinungen ist in den letzten Jahren zunehmend zum Kennzeichen deutscher Nachrichtensendungen geworden. An erster Stelle natürlich in der Tabuzone EU und „Euro-Rettung“, wo die etablierten Parteien stets neue Ausreden erfinden, um das Scheitern ihrer teuren Politik zu Lasten des deutschen Steuerzahlers zu verschleiern. Die rotgrüne Opposition unterscheidet sich von der Regierung nur durch ein noch schnelleres Verschenken der Milliarden.

Andere Tabuzonen versuchen nicht Regierung und Opposition zu errichten, sondern die journalistische Klasse selbst. Eine solche große Zone umfasst alles, was irgendwie unter „grünen“ Themen läuft wie Solar- und Windenergie, Gentechnik oder der Klimawandel, vor kurzem nach als „Klimakatastrophe“ behandelt. Jedes auffällige Wetterereignis wird gerne als Vorwand genommen, um die sündigen westlichen Menschen an ihre angebliche Schuld am Klimawandel zu erinnern. Abweichende Meinungen tausender Wissenschaftler werden verschwiegen. Dazu passend belegt aktuell die Schweizer Medienwoche die Nähe vieler medialer Meinungsmacher zur grünen Ideologie.

Nachdem jahrelang das Ende jeglichen deutschen Winters verkündet wurde, nur noch Dürresommer und nasse Winter, ist nun die neue Variante der berufsmäßigen Apokalyptiker, das „Extremwetter“ nehme zu. Das passt immer halbwegs, wird ja auch jeder normale Regenfall inzwischen als Unwetter gemeldet und vermarktet.

Ein Beispiel: Ende Oktober schneite es bereits fast überall im Lande, ein ungewöhnlich früher Wintereinbruch. Statt nun zu schweigen, weil die angeblich so schreckliche Erwärmung durch das von bösen Menschen ausgeatmete Spurengas CO2 sich nicht mehr zuverlässig einstellen will, passiert das Gegenteil. Im Heute-Journal, einstmals ein solides Nachrichtenmagazin, verkauft uns ein sichtlich alarmierter Claus Kleber diese frühe Kälte alles Ernstes als Zeichen für eine größere Wärme: eine neue Theorie von Klimaonkel Latif, der uns vor einigen Jahren noch alle Winter ohne Schnee voraussagte. Und wie bei Orwell blieb diese Theorie unwidersprochen, andere Meinungen sind nicht vorgesehen: Kälte ist Wärme, Krieg ist Frieden, Unwissenheit ist Stärke.

Es sind solche einseitigen Sendungen, die kaum News aber dafür Volkserziehung zum Inhalt haben, die mich am heldenhaften Kampf gerade dieses ZDF um Meinungsvielfalt und Unabhängigkeit zweifeln lassen. Wenn sich ein Chefredakteur Frey in eigenen Sendungen feiern lässt, wie mutig man doch CSU-Anrufen in Redaktionen begegnet sei, dann ist das eher Teil einer Komödie. Mich würde eher interessieren, wann man denn endlich wieder halbwegs sauber Information und Meinung trennen, dann zu den Grundregeln der Meinungsvielfalt zurückkehren und Streitfragen auch als solche darstellen möchte.

Neben Anrufen von Pressesprechern aller Parteien interessiert mich die Macht eines Kurt Beck und seines Gefolges in ZDF und SWR übrigens auch nur begrenzt, obwohl jener langsam abtretende Herr die Personalpolitik beider Sender entscheidend mitbestimmt hat.

Zuerst erschienen im Medienmagazin „Rundy“ Nr. 23 vom 27. November 2012

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Gastautor / 16.04.2024 / 06:00 / 203

Doch, es war alles falsch!

Von Andreas Zimmermann. Wir brauchen eine Aufarbeitung der Corona-Jahre, bei der eben nicht diejenigen das Sagen haben, die die Verantwortung für die Verheerungen dieser Zeit…/ mehr

Gastautor / 02.04.2024 / 06:25 / 60

„Traditional Wife“: Rotes Tuch oder Häkeldecke?

Von Marie Wiesner. Der „Tradwife“-Trend bringt die Verhältnisse zum Tanzen: Junge Frauen besinnen sich auf das gute alte Dasein als Hausfrau. Irgendwo zwischen rebellischem Akt und Sendungsbewusstsein…/ mehr

Gastautor / 01.04.2024 / 14:00 / 11

Neue Trans-Kinder-Leitlinie: Konsens statt Evidenz

Von Martin Voigt. Trans-Ideologie ante portas: Der neuen Leitlinie zur Behandlung minderjähriger Trans-Patienten mangelt es an wissenschaftlicher Evidenz. Sie ist nun eine "Konsens-Leitlinie". Pubertätsblocker, Hormone…/ mehr

Gastautor / 31.03.2024 / 12:00 / 5

Der Bücher-Gärtner: Warum die Giraffe nicht ohmächtig wird

Von Edgar L. Gärtner. Dieses Buch erzählt Geschichten von kleinen und großen Tieren von Seepferdchen bis zu Elefanten und Narwalen, in denen sich manchmal jahrtausendealte…/ mehr

Gastautor / 30.03.2024 / 14:00 / 6

Islamische Expansion: Israels Wehrhaftigkeit als Vorbild

Von Eric Angerer. Angesichts arabisch-muslimischer Expansion verordnen die westlichen Eliten ihren Völkern Selbstverleugnung und Appeasement. Dabei sollten wir von Israel lernen, wie man sich mit…/ mehr

Gastautor / 30.03.2024 / 06:15 / 44

Wer rettet uns vor den Rettern?

Von Okko tom Brok. Seit der deutschen Einheit ist Deutschland von einem eigenartigen „Rettungsfieber” befallen. Jeder Rettung korrespondierte dabei eine „Wende”. Beide Begriffe wurden dabei…/ mehr

Gastautor / 30.03.2024 / 06:00 / 42

Warum will die Generation Z nach „Old Money“ aussehen?

Von Marie Wiesner. Der „Old-Money-Look“ ist ein gefragter Trend unter jungen Leuten. Was steckt hinter dem Bedürfnis der Generation Z, nach altem Geldadel auszusehen? Vielleicht…/ mehr

Gastautor / 24.03.2024 / 10:00 / 48

Kunterbunt in die Katastrophe

Von Florian Friedman. So ziellos er auch mittlerweile durch die Geschichte stolpert, auf eine Gewissheit kann der Westen sich noch einigen: Unser aller Erlösung liegt…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com