Aus Münster erreichen uns neue Nachrichten. Der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Uni Münster, Prof. Mouhanad Khorchide, hat die jungen Muslima von Free Minds zu einem “persönlichen Gespräch” eingeladen. Das ist mehr als bemerkenswert. Hier die Einladung von Prof. Mouhanad Khorchide und die Antwort der Free Minds:
Liebes Freeminds-Team,
mein Name ist Mouhanad Khorchide. Ich leite das Zentrum für Islamische Theologie der WWU Münster, das von Ihnen mehrfach öffentlich kritisiert wurde. Da ich mich als Aufklärer sehe und bemüht bin, Brücken zu schlagen, würde ich Sie sehr gerne zu einem persönlichen Gespräch einladen. Selbstverständlich können Sie Ihre Kritik weiterhin auch öffentlich äußern, das ist Ihr gutes Recht, ich fände es dennoch schön, wenn Sie Ihre Position nicht nur polemisch via Internet kommunizieren, sondern Ihr Anliegen auch mit der betroffenen Person in einem offenen Gespräch besprechen würden. Mir ist klar, dass wir die Welt nicht verändern können, wir können aber zumindest einen kleinen Beitrag zu einer entspannten Atmosphäre in so einer „akademischen“ Stadt wie Münster sorgen. Wenn Sie meine Statements und Publikationen verfolgen und mein Anliegen zu verstehen versuchen, werden Sie erkennen können, dass Ihre Ängste unbegründet sind.
Ich würde mich über ein Gespräch sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Mouhanad Khorchide
Herr Professor Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie, ist mit einem offiziellen Brief an Free Minds herangetreten und hat uns ein Gespräch angeboten. Dieses Angebot möchten wir im Sinne der von uns vertretenen Transparenz gerne öffentlich erwidern.
Vorgeworfen wird uns im Schreiben von Prof. Khorchide Polemik. Dieses wird leider nicht weiter begründet. Ferner wird den bedrohten und isolierten Frauen mit muslimischem Hintergrund eine unbegründete Angst unterstellt, was Empathie und ernsthafte Auseinandersetzung mit unseren Erfahrungen mit dem praktizierten Islam und den daraus resultierenden extrem schwierigen Lebensverhältnissen zu Wünschen übrig lässt.
So eine Umgangsweise seitens des akademischen Zentrums ist unsachlich und herablassend.
Wir sind an einer wirklichkeitsorientierten, ernsthaften und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Islam interessiert, auch wenn wir eine klar islam- und religionskritische Position äußern, die wir aber überwiegend im gesellschaftlichspolitischen Rahmen unserer sozialen Arbeit mit Betroffenen mit muslimischem Hintergrund artikulieren.
Professor Khorchide versteht sich als Aufklärer und Brückenbauer. Free Minds möchte darauf Bezug nehmend, konkrete und problemzentrierte Fragen an das Zentrum für Islamische Theologie stellen, die auf klare und aufklärende Antworten hoffen:
1. Die Al-Azhar Universität ist weltweit bekannt für seine streng sunnitische, anti-aufklärerische und antisemitische Haltung(*). Sie vertritt ein weitgehend in sich abgeschlossenes und totalitäres Welt- und Menschenbild nach koranischem Selbstverständnis, das jede Aufklärung und Universalität im freiheitlichen und menschenrechtlichen Verständnis missen lassen. Welche Brücke gedenkt das Zentrum für Islamische Theologie im Rahmen der Wissenschaft unter diesen Umständen zu der streng islamischen Al-Azhar Universität zu bauen?
2. Im Jahr 2010 wurde eine Kleine Anfrage “Bedrohung und Verfolgung von anders denkenden Muslimen durch radikal-islamische Netzwerke an der Universität Münster?” im Landtag NRW gestellt. Thema der Kleinen Anfrage waren die internen Auseinandersetzungen 2008 rund um das Centrum für Religiöse Studien (CRS) im Zuge der so genannten “Kalisch Affäre”. In dieser Anfrage wurden wichtige brisante Schreiben ausgewertet, die dazu formuliert waren, mit fragwürdigen und erpresserischen Methoden und Diffamierungen gegen Prof. Kalisch und sein Team, systematisch Druck auf Studierende der Islamischen Religionspädagogik auszuüben, die Lehrveranstaltungen von Professor Kalisch zu boykottieren.
Dieser systematische und reaktionäre Boykottaufruf war erfolgreich und gipfelte in der Absetzung des Professors vom Centrum für Religiöse Studien (CRS). Der Landtag NRW weist in seiner Antwort darauf hin: “Wie in anderen Städten auch sind in Münster verschiedene, vom Verfassungsschutz dem islamistischen Spektrum zugeordnete Vereine und Gruppierungen vorhanden. So wird beispielsweise ein islamisches Zentrum der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland e. V. (IGD) zugerechnet, die zu den Strukturen der Muslimbruderschaft in Deutschland gehört. Das Imam-Mahdi-Zentrum z. B. gilt als Begegnungsstätte für Anhänger der schiitisch libanesischen Hizb Allah.” Wie gedenkt das Zentrum für Islamische Theologie in Münster mit diesen Ereignissen und real existierenden Problemen umzugehen?
3. Welche Positionen vertritt das Zentrum für Islamische Theologie in seinem Selbstverständnis, der Aufklärung offen zu sein, zu den wichtigen Themen – um nur einige stichwortartig zu benennen – “Glaubensabfall”, “Selbstbestimmungsrechte von Mädchen und Frauen”, “Homosexualität”, “voreheliche Sexualität”, “Partnerschaften von Musliminnen mit Nicht-Muslimen”, “Islamkritik”, “Trennung von Staat und Religion”, “individuelle Auslegung mit Glaubensvorschriften”, “Antisemitismus”, “Islamismus”, “Demokratie”, “Diversität”, “universelle Menschenrechte”, “Kunstfreiheit”, “Meinungsfreiheit”?
4. Unserer Meinung und Erfahrung nach wird der Islam nicht instrumentalisiert, wenn in seinem Namen z.B. Abtrünnige getötet, muslimische Mädchen und Frauen unterdrückt und politisch motivierte Terroranschläge verübt werden. Der Islam bedeutet eben nicht nur Frieden und Barmherzigkeit, sondern aus ihm lassen sich direkt Gewalt und Unterdrückung ableiten. Er verursacht seit seiner Entstehung massive Probleme für jede gesellschaftliche Entwicklung, im Sinne des friedlichen Zusammenlebens von Muslimen und Nicht-Muslimen, und für das Individuum in seiner Entfaltung und Auslebung von Grund- und Freiheitsrechten.
“Islam ist Frieden” ist eine gängige rhetorische Praxis, die für Geschichtsklitterung in der Islamischen Welt und kritiklose Auseinandersetzung mit dem Islam sorgt. Sie verhindert weiter die kritische Auseinandersetzung mit fragwürdigen Kernbotschaften, die direkt aus dem Koran und der Sunna von Muhammed hervorgehen. Auch die Vergleichsziehungen mit monotheistischen Religionen sind übliche Praxis, eine ernsthafte Untersuchung des Islam als eigenständige Religion zu vermeiden. Wird diese Tradition im Zentrum für Islamische Theologie weitergepflegt oder ist mit “neuen” und “wissenschaftlichen” Herangehensweisen zu rechnen?
Wir danken für die Aufmerksamkeit und freuen uns auf die Aufklärung!
Mit freundlichen Grüßen
Free Minds
Mehr Infos hier:
http://freeminds.blogsport.eu/2012/11/14/pm-prof-khorchide-unterstellt-free-minds-polemik/