Emma Finkelstein / 10.11.2012 / 12:36 / 0 / Seite ausdrucken

Berliner Achterbahn

„Der Fisch aus der Swinger-Bar war ein wirklich schönes Exemplar. Ja, er hätte auf internationalen Schönheitswettbewerben durchaus mit Artgenossen aus aller Welt konkurrieren können und seine Eltern hatten stets davon geträumt, dass er international Karriere machen würde. Stattdessen: Berlin, Swinger-Bar.“ Verzweifelt wie ein Koi, träumend wie ein aufblasbares Sexpuppentrio und deprimiert wie ein unfrisierter Königspudel präsentiert achgut Autorin Silvia Meixner Berlin in ihrem neuen EBook „Achterbahn“.

Und lässt dabei manchen an der Großstadt verzweifeln: „‚Sie wollen Braten, so fein wie das Fleisch Ihrer Hündchen? Umgeben von einer Haut so zart wie die Haut Ihrer Geliebten, die heute leider zu Hause bleiben muss, weil es der Tag ist, an dem die Ehefrau ausgeführt wird?”, lässt sie einen frustrierten Spitzenkoch in seinem letzten großen Monolog fragen. „Er schlich um einen Tisch, an dem ein Paar mittleren Alters saß. ‚Eh? Monsieur? Ist es nicht so?’ Der Angesprochene erstarrte. Die Gattin ebenfalls. Endlich hatten sie wieder, nach langer Zeit, ein Thema, über das es sich nachher, zu Hause, zu reden lohnen würde.“ Der Koch selbst hingegen geht alleine heim – und kehrt nicht wieder in sein „Petit“, wo er den undankbaren Gästen zuvor zuerst die Suppen und dann auch noch den Nachtisch verweigerte. Denn schließlich, so Meixner, hat „das Leben in der Großstadt seinen Preis. Die einen werden zu Psychopathen, andere mutieren zu Einzelgängern, andere wiederum bekommen, je nach Trendlage, Kinder“.

Und machen Berlin zu einer Touristenattraktion. Denn wo sonst, wenn nicht in der Hauptstadt, springt schon eine Künstlerin aus dem vierten Stock eines Hauses und lässt begeistert fotografierende Menschen zurück – denken die doch, es handele sich um ein überaus gelungenes Happening. Wobei es im Leben wie bei der Autorin immer noch einen Zacken gruseliger geht – etwa bei der Präsentation eines Mannes, der vor lauter Fernsehen ganz die sterbende Ehefrau neben sich auf dem Sofa übersieht. Und gegen den modernden Leichengeruch schlicht ein Raumspray einsetzte.

Berlin wie es ist – und sein könnte. „Achterbahn“, Silvia Meixner, 2,99 Euro, eBook bestellen: http://www.amazon.de/Achterbahn-ebook/dp/B009VLID6M

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