Wahied Wahdat-Hagh / 10.11.2012 / 07:19 / 0 / Seite ausdrucken

Wenn die Amis wieder zu Verstand gekommen sind…

Es gibt viele Gerüchte über geheime iranisch-amerikanische Gespräche, die nicht nur von Ali Akbar Welayati, einem Berater des iranischen Revolutionsführers, dementiert werden. Indessen wurde bekannt, dass Anfang November iranische Jagdflugzeuge auf eine US-Drohne geschossen haben, als diese über internationales Gewässer des Persischen Golfs flog. Ein Signal der Dialogbereitschaft war das nicht. Welche ideologischen Barrieren gibt es auf Seiten des iranischen Regimes bezüglich Verhandlungen mit den USA? Die iranische Außenpolitik ist von Leitlinien bestimmt, die der Revolutionsführer Ali Khamenei vorgibt. Demnach darf der Iran nur dann einen Dialog mit den USA führen, wenn die US-Regierung ihre Solidarität mit Israel aufgibt.

Verhandlungen mit den USA. Die iranische Zeitung Kayhan schreibt zu Wiederwahl Barack Obamas: „Herr Change ist wieder da. Vier weitere Jahre ohne Veränderung.“ Die USA seien ein „schwacher Staat“, propagierte das Sprachrohr des Revolutionsführers Ali Khamenei am 8. November. Die islamische Revolution werde weiterhin siegreich bleiben, während die USA und Israel immer schwächer werden – eine oft wiederholte Formel der herrschenden islamistischen Ideologie.

Mohammad Javad Larijani, Scharia-Beauftragter der iranischen Justiz, demagogisch auch Menschenrechtsbeauftragter genannt, sagte am 7. November der Nachrichtenagentur Mehrnews zufolge: „Wenn es im Interesse des Systems ist, werden wir sogar im Abgrund der Hölle mit den Amerikanern verhandeln. (…) Wir müssen aber auch den Feind aushalten können.“ Kein Wunder, denn schon Ayatollah Khomeini hatte gesagt, dass „Iran sogar mit dem Teufel verhandeln werde“, wenn iranische Interessen durchgesetzt werden müssten.

Gleichzeitig hat Ayatollah Amoli Larijani am 7. November eingeräumt, dass ein Dialog mit den USA möglich sei, aber nicht über Nacht beginnen könne. „Die Amerikaner sollen aber nicht denken, dass wir ihnen Tribut zahlen, wenn sie sich mit uns an einen Tisch setzen“, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Farsnews. Larijani meint, Obama habe vor vier Jahren zunächst seine „Kooperationsbereitschaft“ bekundet, habe aber „in der Praxis anders gehandelt!“ Sanktionen sind verhängt worden, die „präzedenzlos“ seien. Amerika dürfe nicht mehr solchen Schaden anrichten. Larijani macht dann deutlich, welche Vorbedingungen er für einen Dialog mit dem Iran sieht: „Wenn die USA sich vor der Größe des iranischen Volkes verbeugen, und wenn sie es schaffen, das Vertrauen des iranischen Volkes zu gewinnen, dann zeigen sie, dass sie zu Verstand gekommen sind.“ Ayatollah Amoli Larijani, der für die Hinrichtung Tausender Iraner verantwortlich ist, macht mit solchen Sätzen deutlich, dass er an Verhandlungen nicht interessiert ist. Letztlich fordert er die Kapitulation gegenüber der Diktatur als Vorbedingung für Gespräche.

Feindschaft gegenüber den USA. Tatsächlich ist die Feindschaft gegenüber den USA und den westlichen Demokratien ein zentrales Element der politischen Identität der „Islamischen Republik“. Diese antiwestliche Staatsdoktrin wird seit 34 Jahren täglich in Schulen und Universitäten, in staatlichen Ämtern und in den Medien verbreitet. Der Antiamerikanismus legitimiert die islamistische Herrschaft.

Im Iran zählt das Wort des religiösen Führers Ali Khamenei, und er definierte die Hauptbedingung für eine Annäherung an die USA seiner offiziellen Homepage zufolge bereits am 14. August 1989: „Solange die USA ein schmutziges Regime wie Israel unterstützen, wird es keine Möglichkeit geben, dass wir mit den USA einen Dialog beginnen.“ Diese Leitlinie bestimmt bis heute die iranische Politik, wie in einer Studie der wissenschaftlichen Abteilung des iranischen Majless vom Oktober 2012 deutlich wird.

Die iranische Atomdiplomatie. Diese 26seitige Studie des Pseudo-Parlaments entwickelt Richtlinien einer „iranischen Atomdiplomatie“, die auf der Grundlage der Reden des Revolutionsführers Ali Khamenei formuliert worden sind. Khamenei ist dieser Studie zufolge der Meinung, dass der Westen unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus, Menschenrechtsverletzungen und die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen in Wirklichkeit die Atompolitik des Iran verhindern wolle.

Der iranische Revolutionsführer gehe davon aus, dass die USA und ihre Verbündeten das „Atomverhalten der Islamischen Republik Iran ändern wollen“. Khamenei hingegen meint, dass die „herrschende Struktur in der gegenwärtigen Weltordnung verändert werden müsse“ und der „Widerstand gegen die westliche Vorherrschaft die iranische Strategie nur stärkt und den Iran immer mehr als ein Modell des Widerstands für andere Länder bekannt machen wird“.

Die Atomdiplomatie und der UN-Sicherheitsrat. Der Revolutionsführer befürworte, dass der Iran eine eigene Atomtechnologie entwickle. Es gäbe keine Abkehr von diesem Standpunkt. Die Autoren der Studie erinnern an Khameneis Positionen während des Iran-Irak-Krieges (1980-88), um die Intransigenz der iranischen Außenpolitik zu belegen. Der UN-Sicherheitsrat habe damals durch die Verabschiedung von Resolutionen den Iran zwingen wollen, den Krieg zu beenden, zu einem Zeitpunkt, als der Irak noch iranischen Boden besetzt hielt. Khamenei habe am 21. März1985 gesagt: „Es war dieser UN-Sicherheitsrat, der eine Resolution verabschiedete, dass der Krieg beendet werden muss, dass wir keinen Widerstand mehr leisten und uns nicht mehr verteidigen dürfen. Wir haben damals die Resolutionen nicht akzeptiert, weil sie gegen unsere Interessen waren. Wir werden eine Resolution nicht akzeptieren, wenn sie gegen unsere Interessen ist.“

Islamistische Kompromisslosigkeit. Um die Kontinuität von Khameneis Politik zu demonstrieren, wird in der Studie ein Zitat vom 4. November 2011 hervorgehoben: „Sie haben sich gegen das iranische Atomprogramm gestellt und haben es groß gemacht. Sie haben Aufruhr hervorgerufen, haben Druck gemacht, dass die Islamische Republik abgeschafft werden muss. Gut, in den letzten sieben Jahren haben sie sich angestrengt, und in dieser Zeit sind zwei Punkte für die Weltöffentlichkeit deutlich geworden: Erstens konnte der Iran einen unerwarteten Fortschritt in seinem Atomprogramm machen. Zweitens wird der Iran nicht einmal nur einen Schritt zurücktreten, trotz des Drucks. Sie haben also zugunsten des Iran gehandelt. Jetzt weiß die ganze Welt, dass Amerika, Europa und ihre gesamten Handlanger mit all dem Druck, den sie ausgeübt haben, es nicht geschafft haben, die Islamische Republik zu besiegen.“

Am 24. Juli 2012 habe Ali Khamenei gesagt, dass „Amerika und seine Verbündeten Druck ausüben, damit die Verantwortlichen der Islamischen Republik ihre Kalkulation überdenken. Ich sage Ihnen, wenn wir die Wirklichkeit in Betracht ziehen, werden wir auf keinen Fall unsere Kalkulation überdenken, im Gegenteil: Wir werden von der Richtigkeit des Weges, den uns die Revolution bestimmt hat, noch mehr überzeugt sein.“ Dem Revolutionsführer zufolge wären die „Sanktionen vor 30 Jahren effektiver gewesen“. Heute aber sei der Iran „kugelsicher gegenüber Sanktionen“ und könne sie „trickreich umgehen.“

Zudem habe Khamenei den „aktiven Widerstand“ gegen die politischen Forderungen der „USA und ihrer Verbündeten“ gefordert. Es sei ein Fehler, so Khamenei, wenn die Amerikaner und die Briten sowie ein paar arabische Regierungen „sich einbilden, Israel beruhigen zu müssen“. Am 24. Juli 2012 habe Khamenei zudem betont, dass der Westen versucht habe, die Anzahl der iranischen Zentrifugen für die Urananreicherung auf drei zu reduzieren, heute aber verfüge der Iran über 11.000 Zentrifugen.

Wenig Interesse an einem Dialog lassen Khameneis Aussagen vom 18. August 2010 erkennen: „Wir wollen Verhandlungen, aber nicht mit den USA. Der Grund dafür ist, dass die USA nicht ehrlich sind. Sie sollen erst aufhören als Supermacht in Verhandlungen aufzutreten. (…) Sie sollen mit den Sanktionen aufhören, und sie sollen sich auch keine Ziele ausmalen, wohin die Verhandlungen führen sollten.“ Khamenei sagte schon am 27. Oktober 2004, wenn sogar die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) „unlogisch“ vorgehe, werde der Iran die Verhandlungen abbrechen.

Weiterhin zitiert die Studie Khameneis Aussagen vom 22. September 2002. Die „Feinde des Islam“ hätten keine Angst vor dem iranischen Atomprogramm und iranischen Raketen. Sie würden lediglich sehen, dass das „islamische Modell des Iran sich im Bewusstsein der Menschen in der islamischen Welt durchsetzt“. Die westlichen Regierungen fürchteten nicht die Waffen, sondern die Überlegenheit des politischen Systems des Iran.

Diese angebliche ideologische Überlegenheit des islamischen Modells im Iran nannte Khamenei auch am 24. Juli 2012 als Motiv. Es sei eine „Lüge, dass das iranische Atomprogramm das Problem ist. (..) Sie sind in Wirklichkeit gegen das Prinzip der islamischen Revolution.“ Die westlichen Staaten seien verärgert, weil sie nicht mehr im Iran herrschen würden, wie vor der islamischen Revolution von 1979.

Das Atomprogramm wird in der Studie als ein Aspekt der „nationalen Sicherheit“ dargestellt. Die Schlussfolgerung der Auslegung der Worte Ali Khamenei ist, dass die Strategie der Atomdiplomatie definiert werde durch die intellektuelle Analyse der Ziele der US-amerikanischen Politik, durch die Infragestellung der Berichte der IAEA und durch die Durchbrechung des Atommonopols. Die iranische Politik müsse dafür sorgen, dass die Zustimmung der Bevölkerung für das Atomprogramm gewährleistet werde. Zudem dürfe die Regierungspolitik keine Angst vor der US-amerikanischen Sanktionspolitik haben.

Diese Studie des islamistischen Pseudo-Parlaments beweist erneut, dass die iranische Staatsdoktrin im Kern antiamerikanisch, antiwestlich, antidemokratisch, menschenrechtsfeindlich und antisemitisch ist. Bereits für die Aufnahme von Gesprächen mit den USA werden unerfüllbare Vorbedingungen gestellt, dass Zugeständnisse gemacht werden könnten, wird von vorneherein verneint. Im Fall des iranischen Regimes ist die Staatsideologie nicht nur Propaganda, sondern Maßstab des Handelns. Die Machthaber können Ziele wie die Bekämpfung der USA und die Vernichtung Israels kaum aufgeben.

Wahied Wahdat-Hagh, Fellow bei der European Foundation for Democracy (EFD).

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