Lieber Jerzy Montag,
ich finde es klug und weise, wenn wir, die wir uns Sorgen um die Gewährung der religiösen Grund- und Menschenrechte überall auf der Welt machen, in diesen Fragen nicht päpstlicher als der Papst und der Vatikanstaat sind. Statt wie Merkel mit der unbewiesenen Behauptung Stimmung zu machen, das Christentum sei „die weltweit am meisten verfolgte Religion“, sollten wir, um die Religionen nicht gegeneinander auszuspielen oder Ressentiments – besonders natürlich wieder mal gegen den Islam – zu erzeugen, hier die strikteste Vorsicht walten lassen.
Ich bin daher froh, dass sowohl der Deutschland-Direktor von Human Rights Watch (HRW), Wenzel Michalski („Es gibt keine Daten und Fakten, die dies belegen könnten“) als auch du selbst Merkels Äußerungen als “verfehlt” und, solange nicht bis zum letzten christlichen sog. „Opfer“ durchgezählt worden ist, als “nicht besonders hilfreich für die Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen” betrachten. Und überhaupt – was wirkt schwerer als die Expertise des UN-Sonderberichterstatter über Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Heiner Bielefeldt, von dem wir ebenfalls lesen:
„Hinsichtlich quantitativer Einschätzungen bleibe er hier ‘sehr zurückhaltend’. Die ‘gelegentlich kolportierten Zahlen’, die eine besonders starke Verfolgung von Christen belegen sollten, seien für ihn ‘nicht genau genug nachvollziehbar’“, so Prof. Bielefeldt (alle Zitate aus „Befremdung über Merkels Äußerung zu verfolgten Christen“, WAZ, 6.11.12 http://www.derwesten.de/politik/befremdung-ueber-merkels-aeusserung-zu-verfolgten-christen-id7266636.html).
Die Übereinstimmung deiner und der zitierten Position anderer gut dotierter Experten mit der Haltung des über jeden Verdacht erhabenen Vatikan lässt mich hoffen, dass die Besonnenheit noh eine Chance hat. Auch sich häufende Einzelfälle sind und bleiben, so beklagenswert auch immer, Einzelfälle und dürfen zu keinen Verallgemeinerungen führen. Der Islam, der hier immer wieder anklagend genannt wird, war, ist und bleibt eine Religion des Friedens, von Mali über den Iran bis in die tiefste Scharia-Provinz Aceh (Indonesien).
Nähere Infos zur vatikanischen Haltung in dieser Frage und die Quelle des Kopfzitates entnimmst du bitte dem folgenden Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Pius_XII.
Es grüßt dich herzlich aus dem grünen KV Hamburg-Mitte:
Paul Nellen
Im Januar 1941 unterrichtete Kardinal Theodor Innitzer den Papst von ersten Deportationen von Wiener Juden. Am 27. Oktober 1941 berichtete der slowakische Nuntius Giuseppe Burzio dem Vatikan, Juden würden systematisch massenhaft erschossen. Am 9. März 1942 telegrafierte er nach Rom, die bevorstehende Deportation von 80.000 slowakischen Juden nach Polen bedeute für die meisten den sicheren Tod. Im März 1943 schrieb er erneut, polnische Juden würden durch Gas oder Maschinengewehre ermordet. Der Schweizer Nuntius berichtete im März 1942 von Judendeportationen aus Westeuropa in eigens eingerichtete Vernichtungslager. Am 18. September 1942 notierte Giovanni Battista Montini, der Beauftragte des Papstes für humanitäre Hilfen und künftige Papst Paul VI.: „Die Massaker an den Juden erreichen furchterregende Ausmaße und Formen.“ Am 7. Oktober 1942 schrieb ein polnischer Militärgeistlicher an den Vatikan: „Die Vernichtung der Juden durch Massenerschießungen ist fast total… Man sagt, fast zwei Millionen Juden seien ermordet worden.“ Francis Osborne schrieb im selben Monat an Maglione: „Eine Politik des Schweigens bezüglich solcher Angriffe gegen das Gewissen der Welt muss zwingend einen Verlust der moralischen Führung und Autorität des Vatikans beinhalten.“[51] Der US-Botschafter beim Vatikan, Myron Charles Taylor, berichtete, Juden würden nach Osteuropa deportiert, um dort ermordet zu werden. Maglione bedankte sich für den Bericht, erklärte aber, der Vatikan könne diese und andere Nachrichten über harte Maßnahmen gegen Nichtarier derzeit nicht auf ihre Genauigkeit hin überprüfen.[52]
http://de.wikipedia.org/wiki/Pius_XII.
Siehe auch:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/wenn_angela_schon_mal_recht_hat/