Ein Streit um die Sicherheit der deutschen Goldreserven im Ausland ist entbrannt. Die Debatte ist lächerlich. Wir sollten besser über eine Radikallösung nachdenken: Alles verkaufen!
Die Bundesbank besitzt 3396 Tonnen Gold im Wert von mehr als 150 Milliarden Euro. Das ist nach den USA immerhin der zweitgrößte Goldschatz der Welt. Da ein Großteil des deutschen Goldes bei den Zentralbanken der USA, Großbritanniens und Frankreichs einlagert, ist eine bizzare Diskussion darüber ausgebrochen, ob das denn auch sicher genug sei. Diese Sorge ist ungefähr so interessant wie die Frage, ob der Sandmann seinen Sand wohl aus Deutschland hat. Dabei harrt eine viel wichtigere Frage der Beantwortung: Was machen wir eigentlich mit dem Gold?
Denn seit dem Ende des Goldwährungsstandards von Bretton Woods machen Goldreserven währungspolitisch überhaupt keinen Sinn mehr. Sie helfen weder in guten Tagen eines Booms noch – wie derzeit - in Krisenzeiten einer Schuldenkrise. Sie sind nichts als das tote Kapital der Nation. Einst hart erarbeitet - und nun nutzlos in New Yorker Kellern herumliegend.
Der gewaltige Goldschatz wirft nicht einen einzigen Cent Zinsen ab. Das heißt - wir verzichten Jahr für Jahr freiwillig auf Milliarden Sondererlöse, die wir bekämen, wenn die Reserve bloß vernünftig angelegt würde.
Es wird also höchste Zeit, den Goldschatz nicht nur mit dem Mißtrauen eines nationalen Spießers zu prüfen – man sollte ihn jetzt verkaufen und in verzinsliche Anleihen tauschen.
Nie war der Zeitpunkt dafür so günstig: Denn der Goldpreis ist in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen. Er hat sich in den vergangenen zehn Jahren sogar verfünffacht, und seit einiger Zeit wird Goldpreis von reiner Angst bestimmt, er steigt in irrationale Höhen.
Darum warnt der weltgrößte Fondsanbieter Pimco auch vor einem Zusammenbruch der Angst-Hausse: “Wenn es eine Blase gibt, dann beim Gold”, meint der Pimco-Deutschlandchef Andrew Bosomworth. Sobald in Europa die Sorge vor einem Euro-Crash schwinde, könne der Goldpreis dramatisch einbrechen. Wer also – wie Notenbanken - die langfristige Linie im Auge hat, der sollte lieber jetzt Gold verkaufen. Denn noch nie hätten wir so viel für unsere Reserven bekommen wie derzeit.
Nach dem hohen Verkaufserlös würde Deutschland ein erheblicher Zinsgewinn winken. Da Deutschland und die EZB sich ohnedies entschieden haben, den Euro mit allen Mitteln zu verteidigen und wir unseren Euro-Partnern finanziell helfen müssen, so sollte man das wenigstens mit einem Geschäft zu wechselseitigem Nutzen verbinden. So könnten wir die Golderlöse in italienische, spanische und portugiesische Staatsanleihen investieren. Die rentieren im Zehnjahresbereich zwischen 4,8 und 8 Prozent. Bei einer geschickten Durchschnittsverzinsung könnte man also mit 10 Milliarden Euro im Jahr an Zinseinnahmen rechnen. Wir würden uns gewissermaßen das Geld für die Euro-Rettung, das wir vorne für Rettungsmaßnahmen ausgeben müssen hinten am Anleihemarkt wieder hereinholen.
Man könnte mit dem Erlösen aus dem Goldverkauf zwar auch auf einen Schlag alle deutschen Städte und Kommunen komplett entschulden (immern noch besser als sie nutz- und zinslos herum liegen zu lassen). Aber die Gold-Anleihe-Tauschoption ist attraktiver. Auch aus psycho-politischer Sicht. Denn der Vorgang würde auf den Märkten als starkes Vertrauensignal in den Euro gewertet und die Krise beenden helfen. Zugleich würde das in Südeuropa als ein Akt der Solidarität empfunden. Kurzum: Anstatt über den Lagerort für deutsches Gold zu zanken, sollten wir endlich etwas aus dem Erbschatz machen. Über die Verwendung der 10 Milliarden Sondererlöse pro Jahr können die Politiker ja dann wieder streiten.
Zuerst erschienen auf Handelsblatt Online